Zinsloses Darlehen: Ausweis mit dem abgezinsten Betrag

Das Finanzgericht Münster hält an seiner Rechtsauffassung fest, dass (jedenfalls für das Jahr 2013 und damit im vorliegenden Streitfall) keine ernstlichen Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der Vorschrift bestehen, wonach unverzinsliche Darlehen in der Bilanz mit einem Zinssatz von 5,5% abzuzinsen sind. Die Differenz zwischen Nominalbetrag und abgezinstem Betrag ist als Ertrag zu erfassen. Eine Abzinsung erfolgt somit nicht, wenn das Darlehen verzinslich ist oder die Laufzeit am Bilanzstichtag weniger als zwölf Monate beträgt.

Praxis-Beispiel:
Eine Unternehmergesellschaft (UG), haftungsbeschränkt ermittelte für 2013 einen Verlust in Höhe von 265 €. Bei den Verbindlichkeiten wies sie ein unverzinsliches Darlehen aus, das ihr von ihrem Gesellschafter über das Gesellschafterverrechnungskonto gewährt wurde. Das Darlehen wurde mit einem Nennwert in Höhe von 91.357,67 € bewertet. Das Finanzamt berücksichtigte einen Gewinn bzw. Gewerbeertrag in Höhe von 45.139 €. Das Finanzamt begründete die Erhöhung mit der erforderlichen Abzinsung der Darlehensverbindlichkeit. Den gewinnerhöhenden Abzinsungsbetrag errechnete das Finanzamt, indem es den Vervielfältiger von 9,3 für Nutzungs- oder Leistungsgewährungen von unbestimmter Laufzeit mit einer Restlaufzeit von 12 Jahren, 10 Monaten und 12 Tagen für das gewährte Darlehen ableitete. Aus dieser Laufzeit ermittelte das Finanzamt für die Abzinsung der unverzinslichen Darlehnsschuld einen Vervielfältiger von 0,503. Das Finanzamt bewertete das unverzinsliche Darlehen mit einem Wert von 45.952,91 €. Die Differenz von 45.404,76 € berücksichtigte es als gewinnerhöhenden Zinsanteil. Die UG wandte sich mit ihrem Einspruch gegen die Abzinsung des zinslos gewährten Darlehens und machte geltend, dass die Regelung wegen der seit Jahren andauernden Niedrigzinsphase verfassungswidrig sei.

Das Gebot der Abzinsung von Verbindlichkeiten beruht auf der sachgerechten, typisierenden Vorstellung, dass eine Verpflichtung, die erst in der Zukunft zu erfüllen ist, den Schuldner weniger belastet als eine sofortige Leistungspflicht. Dieser Minderaufwand wird kapitalisiert und als Ertrag vorweggenommen. Gegenläufig entsteht in den folgenden Jahren aufgrund der Restlaufzeit, die sich stetig verkürzt, jeweils ein Aufzinsungsaufwand, bis zum Rückzahlungszeitpunkt der Nominalwert der Verbindlichkeit erreicht ist.

Der Zinssatz von 5,5% ist im Jahr 2013 nicht unverhältnismäßig, weil in 2013 nicht besicherte Kredite von bis zu 1 Mio. € an eine nichtfinanzielle Kapitalgesellschaft bei einer Laufzeit von 12 Jahren und 10 Monaten 

  • im Dezember 2013 bei 2,74% (siehe Monatsbericht der Deutschen Bundesbank für März 2014, Statistischer Teil, S. 47) bzw. 
  • bei ca. 4,76% (siehe den von der Deutschen Bundesbank veröffentlichten Abzinsungssatz gem. § 253 Abs. 2 des Handelsgesetzbuchs (HGB)) gelegen haben.

Das bedeutet nach Ansicht des Finanzgerichts, dass auch im Streitjahr 2013 noch kein so verfestigtes strukturell niedriges Marktzinsniveau vorlag. Das Festhalten des Gesetzgebers am statisch-typisierenden Zinssatz von 5,5% verstößt daher unter Berücksichtigung von Praktikabilitätsgesichtspunkten und Verwaltungsvereinfachungsgründen nicht gegen das Willkürverbot.

Tipp: Um eine Abzinsung mit Gewinnerhöhung zu vermeiden, sollten Darlehen – insbesondere Darlehen mit dem Gesellschafter – nicht zinslos vereinbart werden. Bereits eine niedrige Verzinsung schließt die Abzinsung aus. Stellt der Gesellschafter immer wieder Beträge zur Verfügung, die über das Gesellschafterverrechnungskonto gebucht werden, sollte von vorneherein ein Darlehensvertrag (ggf. ein Rahmenvertrag) vereinbart werden, bei dem zumindest der Zinssatz und auch die Laufzeit festgelegt werden.

Quelle: Finanzgerichte | Beschluss | FG Münster, 13 V 505/21 | 04-05-2021