Bei der Frage, ob eine Leistung therapeutischen oder anderen Zwecken dient, geht es um die Beurteilung einer medizinischen Frage, die auf medizinischen Feststellungen beruhen muss, die von dem entsprechenden Fachpersonal getroffen worden sind. Die rein subjektive Vorstellung, die der Patient von der Leistung hat, ist für die Beurteilung, ob diese einem therapeutischen Zweck dient, nicht maßgeblich.
Praxis-Beispiel:
Eine physiotherapeutische Praxis erbrachte Leistungen, die allgemein der Gesundheitsförderung dienten. Sie behandelte auch die Leistungen, die sie ohne ärztliche Verordnung erbrachte, als umsatzsteuerfreie Leistungen. Die Prüferin des Finanzamts vertrat die Auffassung, dass die Erlöse von selbstzahlenden Patienten, die ihre Therapie im Anschluss an eine ärztliche Verordnung auf eigene Rechnung fortgesetzt hatten, steuerpflichtige Umsätze sind, die dem Regelsteuersatz unterliegen. Behandlungen von Angehörigen von Gesundheitsfachberufen im Anschluss bzw. im Nachgang zu einer Verordnung eines Arztes bzw. Heilpraktikers seien ohne erneute Verordnung grundsätzlich nicht als steuerfreie Heilbehandlung anzuerkennen.
Die Klägerin ist der Auffassung, dass die streitigen Umsätze trotz fehlender ärztlicher Verordnung steuerfrei seien. Für die Steuerbefreiung der physiotherapeutischen Leistungen sei eine fortlaufende Verordnung nicht zwingend erforderlich. Zudem unterfielen die fraglichen Umsätze allenfalls dem ermäßigten Steuersatz.
Leistungen der Klägerin, die sie unter der Bezeichnung „Rehasport“ erbracht hat, sind umsatzsteuerfrei. Gleiches gilt für die im Anschluss an eine ärztlich verordnete Physiotherapieleistung der Klägerin erbrachten Leistungen, für die als solche keine ärztliche Verordnung vorlagen, deren jeweiliger therapeutischer Zweck jedoch durch erneute ärztliche Verordnungen spätestens nach einem Jahr bestätigt wurde. Die übrigen Leistungen der Klägerin sind nicht von der Umsatzsteuer befreit und unterliegen dem allgemeinen Steuersatz.
Die eigene Einstufung durch den Steuerpflichtigen, der die Tätigkeit als Physiotherapeut, Hebamme oder eine ähnliche heilberufliche Tätigkeit ausübt, reicht zur Beurteilung nicht aus. Beruhen die von Gesundheitsfachberufen erbrachten Leistungen auf ärztlichen Verordnungen, ist der therapeutische Zweck dieser Leistungen nachgewiesen.