Wird eine Wohnung von mehreren Personen angemietet und nutzt ein Mieter einen Raum zur Erzielung von Einkünften allein, dann sind die auf diesen Raum entfallenden Aufwendungen bei ihm in voller Höhe als Werbungskosten oder Betriebsausgaben abzugsfähig. Voraussetzung ist, dass der Nutzende Aufwendungen in mindestens dieser Höhe getragen hat.
Praxis-Beispiel:
Der nicht verheiratete Kläger war 2018 als Vertriebsleiter nichtselbständig tätig. Er mietete zusammen mit seiner Lebensgefährtin ein Einfamilienhaus mit einer Wohnfläche von 150 qm zu eigenen Wohnzwecken an. Darin befinden sich unter anderem zwei 15 qm große Zimmer, von denen das eine der Kläger und das andere seine Lebensgefährtin als Arbeitszimmer genutzt haben. In seiner Einkommensteuer-Erklärung machte der Kläger Aufwendungen von 2.661 € für ein häusliches Arbeitszimmer als Werbungskosten geltend. Es handelt sich hierbei um 10% (15 qm von 150 qm) der Kosten, die auf das Haus entfielen (Miete, Nebenkosten). Der Kläger legte Bescheinigungen seines Arbeitsgebers vor, wonach das Arbeitszimmer den Mittelpunkt seiner beruflichen Tätigkeit bilde. Das Finanzamt erkannte Werbungskosten für das Arbeitszimmer zur Hälfte in Höhe von 1.330 € an, weil die Kosten nur insoweit abziehbar seien, als sie tatsächlich vom Kläger getragen worden seien. Befinde sich ein Arbeitszimmer in einer von Lebensgefährten gemeinsam angemieteten Wohnung, seien die anteilige Miete und die anteiligen Energiekosten beiden Mietern jeweils zur Hälfte zuzurechnen.
Grundsätzlich gilt, dass Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer nicht als Betriebsausgaben oder Werbungskosten abzugsfähig sind. Das gilt jedoch nicht, wenn für die betriebliche oder berufliche Tätigkeit kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht. In diesem Fall wird die Höhe der abziehbaren Aufwendungen auf 1.250 € begrenzt. Die Beschränkung der Höhe nach gilt nicht, wenn das Arbeitszimmer den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung bildet.
Nutzt ein Miteigentümer im Rahmen seines Miteigentumsanteils einen Teil des Wirtschaftsguts (Arbeitszimmer) zur Erzielung seiner Einkünfte allein, sind die von ihm getragenen Anschaffungs- oder Herstellungskosten vorrangig diesem Raum zuzuordnen. Es ist davon auszugehen, dass er Anschaffungs- oder Herstellungskosten aufgewendet hat, um diesen Raum insgesamt zu nutzen.
Übertragen auf Mietaufwendungen des nicht verheirateten Klägers ergibt sich aus diesen Grundsätzen Folgendes: Wird eine Wohnung von mehreren Personen angemietet und nutzt ein Mieter einen Raum zur Erzielung von Einkünften allein, dann sind die auf diesen Raum entfallenden Aufwendungen bei ihm in voller Höhe als Werbungskosten oder Betriebsausgaben abzugsfähig, sofern der Nutzende Aufwendungen in mindestens dieser Höhe getragen hat. Eine nur hälftige Abzugsfähigkeit der tatsächlich vom Kläger getragen vollen Aufwendungen wäre mit dem Grundgedanken des objektiven Nettoprinzips unvereinbar.
Fazit: Unstreitig ist, dass für die angemietete Wohnung Aufwendungen von 26.607,23 € entstanden sind. Davon entfielen auf das Arbeitszimmer des Klägers 2.661 € (10%). Diese Aufwendungen kann der Kläger in voller Höhe als Werbungskosten bei seinen Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit geltend machen, da er sich zu mehr als 2.661 € an den Kosten der gemeinsamen Wohnung beteiligt hat.