Ortsübliche Miete: Vorrang des örtlichen Mietspiegels

Beträgt die tatsächliche Miete weniger als 66% der ortsüblichen Miete, darf nur der Teil der Aufwendungen als Werbungskosten abgezogen werden, der der reduzierten Miete entspricht (ab 2021 gilt darüber hinaus, dass bei einer Miete von 50% und mehr, jedoch weniger als 66% der ortsüblichen Miete, zu prüfen ist, ob ein Totalüberschuss anzunehmen ist). Die ortsübliche Marktmiete ist grundsätzlich auf der Basis des Mietspiegels zu bestimmen.

Praxis-Beispiel:
Die Klägerin vermietete eine Eigentumswohnung (57 qm) mit Einbauküche an ihre Tochter. Die Miete wurde mit monatlich 300 € zuzüglich einer Nebenkostenpauschale in Höhe von 70 € vereinbart. Ferner hat die Tochter gegenüber dem Energieversorger den monatlichen Abschlag für Wärme in Höhe von 49 € getragen. Im zweiten Obergeschoss desselben Gebäudes vermietete die Klägerin eine Wohnung in derselben Größe, die ebenfalls mit einer Einbauküche ausgestattet ist, an einen Fremdmieter. Die monatliche Miete betrug 500 € zuzüglich einer Nebenkostenpauschale von 78 €. 

Das Finanzamt ging bei der Wohnung, die Sie an die Tochter vermietete, von einer teilentgeltlichen Vermietung aus, weil die vereinbarte Miete von 370 € nur 64,01% und damit weniger als 66% der ortsüblichen Miete betrage. Das Finanzamt berücksichtigte daher nur 64,01% der geltend gemachten Werbungskosten. Als Maßstab für die Ortsüblichkeit zog das Finanzamt die Miete für die vergleichbar ausgestattete Wohnung heran, die die Klägerin an einen fremden Dritten vermietet hatte.

Der BFH hat entschieden, dass die ortsübliche Miete vorrangig mithilfe des Mietspiegels zu ermitteln ist. Kann ein Mietspiegel nicht zugrunde gelegt werden oder ist er nicht vorhanden, darf die ortsübliche Marktmiete z. B. mithilfe eines Gutachtens eines öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen, durch die Auskunft aus einer Mietdatenbank oder unter Zugrundelegung der Entgelte für zumindest drei vergleichbare Wohnungen ermittelt werden, wobei jeder dieser Ermittlungswege grundsätzlich gleichrangig ist. Konsequenz: Eine vergleichbare, im selben Haus liegende, fremdvermietete Wohnung kann kein vorrangiger Maßstab für die Ortsüblichkeit sein.

Die Ableitung der ortsüblichen Marktmiete aus dem örtlichen Mietspiegel entspricht dem Gesetzeszweck. Der örtlichen Mietspiegel gehört zu den Informationsquellen, die eine leichte und schnelle Ermittlung der ortsüblichen Miete auf der Grundlage eines breiten Spektrums ermöglicht. Es widerspricht der gesetzlichen Regelung, wenn bei einer Miete, die innerhalb der Spanne des Mietspiegels liegt, im Einzelfall ermittelt werden müsste, ob nicht ein anderer Wert innerhalb der Spanne der angemessenere wäre. Ein Mietspiegel trägt mit seiner Mietpreisspanne der Tatsache Rechnung, dass für vergleichbare Wohnungen örtlich eine gewisse Bandbreite von Mieten typisch ist. Konsequenz: Die Schwankungsbreite im Mietspiegel stellt sicher, dass jeder Mietzins in der ortsüblichen Marktmiete berücksichtigt ist.

Quelle: BFH | Urteil | IX R 7/20 | 21-02-2021