Gewerbliche Tätigkeit: Abfärberegelung

Eine GbR, die ausschließlich Grundstücke verwaltet und vermietet, erzielt Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung und übt somit keine gewerbliche Tätigkeit aus. Betreibt dieselbe GbR zusätzlich eine Photovoltaikanlage, handelt es sich insoweit um eine gewerbliche Tätigkeit. Überschreitet die gewerbliche Tätigkeit bestimmte Bagatellgrenzen, werden alle Einkünfte als gewerblich eingestuft (= Abfärberegelung), auch wenn aus der gewerblichen Tätigkeit der GbR Verluste entstehen.

Praxis-Beispiel:
Eine GbR bestehend aus zwei Gesellschaftern, die je zur Hälfte beteiligt sind, verwaltet und vermietet Grundstücke zur Erzielung von Überschüssen. Auf einem der vermieteten Objekte errichtete die GbR eine Photovoltaikanlage. Die GbR erwirtschaftete sowohl aus der Vermietung der Grundstücke als auch aus dem Betrieb der Photovoltaikanlage Verluste. Für 2012 reichte die GbR eine Gewinnermittlung für die Photovoltaikanlage und eine Ermittlung der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung beim Finanzamt ein. Das Finanzamt behandelt alle Einkünfte als gewerblich, weil der Betrieb einer Photovoltaikanlage gewerblich ist, und dies auf die vermögensverwaltende Tätigkeit angefärbt habe (§ 15 Abs. 3 Satz 1 EStG).

Die GbR beantragte, anstelle laufender gewerblicher Gesamthandseinkünfte nur solche aus Vermietung und Verpachtung in Höhe von ./. 19.775 € festzustellen. Alternativ für den Fall, dass die Ausgliederung des Betriebs der Photovoltaikanlage auf eine zweite (beteiligungsidentische) GbR abgelehnt wird, sind laufende Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung in Höhe von ./.19.775 € und laufende Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe von ./. 6.561 € festzustellen.

Eine abfärbende Wirkung einer bestimmten originär gewerblichen Tätigkeit kann nicht eintreten, wenn die gewerbliche Tätigkeit in einer eigenen zweiten (ggf. auch beteiligungsidentischen) Personengesellschaft ausgeübt wird (sog. Ausgliederungsmodell). Hier wurden jedoch die vermögensverwaltende und die gewerbliche Tätigkeit von derselben GbR ausgeübt. Die Verträge im Zusammenhang mit der Anschaffung, Finanzierung und dem Betrieb der Photovoltaikanlage sind unter der Bezeichnung und im Namen der GbR abgeschlossen worden.

Die vom BFH entwickelte Geringfügigkeitsgrenze für gemischt tätige freiberufliche Personengesellschaften ist zu beachten. Danach liegt eine umqualifizierende Wirkung nicht vor, wenn die gewerbliche Tätigkeit von äußerst geringem Ausmaß ist. Das ist der Fall, wenn die originär gewerblichen Nettoumsatzerlöse 3% der Gesamtnettoumsätze (relative Grenze) der Personengesellschaft und zugleich den Höchstbetrag von 24.500 € im Feststellungszeitraum (absolute Grenze) nicht übersteigen. Die GbR hat aus der gewerblichen Tätigkeit Nettoumsätze von 8.472 € erzielt. Diese Umsätze machten 7,46% der Gesamtnettoumsätze von 113.484 € aus. Sie blieben zwar unterhalb der absoluten Umsatzgrenze von 24.500 €, überschritten aber deutlich die relative Bagatellgrenze von 3% der Gesamtnettoumsätze. Damit tritt die umqualifizierende Wirkung ein.

Hinweis: Es sollte unbedingt vermieden werden, dass Personengesellschaften, die freiberuflich oder vermögensverwaltend tätig sind, zusätzlich eine gewerbliche Tätigkeit ausüben. Für die gewerbliche Tätigkeit sollte eine eigene, zweite (ggf. auch beteiligungsidentische) Personengesellschaft gegründet werden (Ausgliederungsmodell), die über ein eigenes Bankkonto verfügt und auch im Übrigen unabhängig auftritt.

So ist z. B. auch Vorsicht bei Ehegatten geboten, wenn sie Immobilen vermieten, die ihnen gemeinsam gehören. Der Betrieb von Photovoltaikanlagen kann auch dann zu einer gewerblichen Infektion führen. Unklar ist zurzeit, wie sich die Steuerfreistellung des Betriebs von Photovoltaikanlagen mit einer installierten Gesamtbruttoleistung von bis zu 30 kW (peak) ab dem 1.1.2023 auswirken wird. Die Steuerfreiheit gilt auch für Einnahmen aus mehreren Anlagen bis max. 100 kW (peak). 

Tipp: Mit einer Ausgliederung ist man jedenfalls auf der sicheren Seite.

Quelle: BFH | Urteil | IV R 42/19 | 29-06-2022